Das Erlernen der Abrechnung ist weltweit die Achillesferse des Tierarztberufs. Wir haben Angst, dass sich herumspricht, dass wir zu teuer sind. Oder noch schlimmer, wir glauben, dass wir nicht dasselbe verlangen können wie Ärzt:innen oder Zahnärzt:innen, weil unsere Patienten keine Menschen sind. Sind Sie bereit zu lernen, wie Sie die Rechnung ohne schlechtes Gewissen aushändigen können?
Stellen Sie sich die Situation vor: Sie haben die Untersuchung abgeschlossen, aber der Patient braucht noch eine Blutanalyse und mehrere bildgebende Untersuchungen. Die Behandlung ist komplex und umfasst möglicherweise eine Computertomographie oder eine Operation. In Ihrem Kopf surrt der Taschenrechner und heraus kommt eine drei- oder sogar vierstellige Summe. Die Alarmglocken läuten und Sie beschließen, eine der Untersuchungen nicht in Rechnung zu stellen, obwohl Sie die finanzielle Situation der Kund:in nicht kennen. Kommt Ihnen das bekannt vor?
Ein weiterer sehr häufiger Fall: Die Kund:in sagt Ihnen, dass die Rechnung zu teuer ist. Sie geben einen Rabatt oder beschließen, die Röntgen- oder Ultraschalluntersuchung nicht in Rechnung zu stellen. Dieselbe Person würde es nicht wagen, mit anderen Fachkräften zu feilschen und hätte kein Problem damit, denselben Betrag für die Reparatur ihres Autos auszugeben.
Streitsüchtige Kund:innen, unbezahlte Rechnungen, Streit an der Rezeption, negative Bewertungen in den sozialen Medien – das sind Situationen, die für Ihr gesamtes Personal erheblichen Stress bedeuten. Aber es gibt eine Lösung, wenn Sie verstehen, warum Kund:innen tierärztliche Leistungen in der Regel unterbewerten. Sie können lernen, ohne Schuldgefühle Rechnungen zu stellen.
In „7 Tipps für Gespräche über Geld mit Tobys Besitzern. Ruhe bewahren und nicht in Panik geraten!“ finden Sie einige Tipps, wie Sie die Kommunikation mit den Kund:innen verbessern können, damit Sie problemlos für Ihre Arbeit bezahlt werden.
Warum erscheinen Ihre Honorare den Kund:innen teuer?
Für das Unterbewusstsein der Kund:in sind 300 €, die sie für die Gesundheit ihrer Hunde oder Katzen ausgibt, nicht dasselbe wie 300 €, die sie in einem Mode- oder Elektronikfachgeschäft zahlt. Objektiv ist es derselbe Betrag, aber auf psychologischer Ebene ist es etwas völlig anderes. Laut Neuromarketing bereitet uns ein Kauf mehr Freude, wenn wir für unser Geld etwas Physisches oder Greifbares bekommen.
Andererseits sind die Ausgaben für die tierärztliche Versorgung nicht greifbar und das Gehirn der Kund:in nimmt sie als etwas Negatives wahr, das mit Krankheit und der Angst vor dem Verlust des Tieres verbunden ist. Lassen Sie uns das erklären.
Die Kund:innen wissen, dass das ausgegebene Geld Leiden verhindern oder ihren besten Freund heilen wird. Ihr Unterbewusstsein jedoch verbindet die Besorgnis über die Situation mit der emotionalen Investition, Geld auszugeben, ohne eine materielle Gegenleistung zu erhalten und wird daher als Verlust empfunden.
Hinzu kommt, dass die individuelle tierärztliche Versorgung ein privates Gesundheitssystem ist und die Kund:innen oft keine Tierversicherung haben. In Ländern mit Sozialversicherungssystemen, die die Kosten für die Humanmedizin über Steuern abdecken, sind Kund:innen nicht daran gewöhnt, direkt für Gesundheitsleistungen zu zahlen. Das verschlechtert ihre Wahrnehmung.
Lernen Sie, ohne Schuldgefühle Geld zu verlangen. Denn Sie sind es wert
Geldangelegenheiten mit den Kund:innen zu bespreche, ist ein Stressfaktor, mit dem Tierärzt:innen täglich konfrontiert sind. Sie wirkt sich sowohl auf die Entscheidungen der Ärzt:innen bei der Festlegung der diagnostischen und/oder therapeutischen Leitlinien als auch auf die Person aus, die für die Mitteilung der Kosten und den Einzug des Honorars zuständig ist.
Um zu lernen, sich bezahlen zu lassen, muss man an seine Arbeit glauben und sie wertschätzen.
Untersuchungen und Besuche haben einen nicht verhandelbaren Mindestpreis, der nicht verschenkt werden kann, wenn Sie um Ihre finanzielle und natürlich auch mentale Gesundheit besorgt sind.
Wenn Sie nicht nur Tierärzt:in sind, sondern auch Ihr eigenes Unternehmen führen. Unabhängig davon, ob Sie einen Master-Abschluss in Betriebswirtschaft haben oder nicht, verlangt der gesunde Menschenverstand, dass neben Ihren eigenen Honoraren auch die aller Mitarbeitenden, Investitionskosten sowie fixe und variable Kosten im Preis enthalten sein sollten.
Wenn Sie also das nächste Mal einen Kostenvoranschlag erstellen, sollten Sie all dies berücksichtigen. Sie werden überrascht sein, wie sehr sich Ihr Selbstvertrauen verbessern wird!